Die Hoheit über mein Leben zurück erlangen
„Du wurdest wie alle in die Sklaverei geboren, und lebst in einem Gefängnis, das du weder anfassen noch riechen kannst: Ein Gefängnis für deinen Verstand.“ Morpheus im Film „die Matrix“
Seit Corona wissen wir, wie zerbrechlich die Hoheit über das eigene Leben ist. Das System ist mächtig; es ist im Stande, in viele Lebensbereiche einzudringen. „Freiheit- Gleichheit – Brüderlichkeit“ waren die Werte, auf denen einst die Französische Revolution gründete. Der zugrunde liegende Wunsch war der nach der Befreiung von autoritärer Ausbeutung und Unterdrückung. Heute schreibt sich zumindest die Freiheit und Gleichheit jede demokratische Gesellschaft auf die Fahnen und in die Verfassungen.
Die Realität wird aber meist anders empfunden, sie ist eine andere. Sicher leben wir in der aufgeklärtesten aller Zeiten, in der sichersten, was Grundbedürfnisse angeht, auch in der am besten informierten. Schauen wir genau hin: wir leben aber auch in der Zeit mit Ängsten, die es nie zuvor gab: die Angst um den planetaren Fortbestand, die Angst um die Existenzsicherung, die Angst um ein sicheres Morgen. Und falls nicht: sicher wissen wir, dass unsere Kinder und Enkel diese Ängste haben werden.
Digital Reality
Was geschieht gegenwärtig? Was haben wir als normal verinnerlicht? Was noch gar nicht richtig bemerkt? Beginnen wir “oben”, nämlich im digitalen Überbau der westlichen Welt.
„Big Brother 2.0“, oder besser Big Data lernt und lernt: es lernt uns genau kennen, ist überall, freundlich präsent oder auch hintergründig lauschend, durchzieht wie ein Pilzmyzel den Waldboden, unseren Alltag auf breiter Ebene. So genau weiß keiner wozu und wohin. Künstliche Intelligenz hatte ursprünglich die Aufgabe, zu vernetzen, also soziale Felder zu vergrößern und Lebensräume zugänglicher zu machen. Dabei hilft sie sich inzwischen selbst, indem sie vereinheitlicht: Erklärungen, Deutungen und Ansichten werden synchronisiert, Ambiguitäten aufgelöst und oft aus Vielfalt Masse gemacht. Damit ist die Welt klein geworden, ein Ort der Omnipräsenz und Abrufbarkeit, ein Ort der einen Wahrheit und der „objektiven“ Information. Eine Flachlandwelt entsteht, eine Welt des instantanen Kontaktes, dem wirkliche Präsenz fehlt, eine Schlagzeilen- Kultur, die sich scheinbar andauernd empört und doch keine Schlagkraft und Handlungsfähigkeit hat. Eine Welt der Google- Kompetenz und der algorhytmisch gelenkten Meinungsmache. Eine immer absurdere Welt, in der eine Bundesregierung eine Frequenz an private Mobilfunkanbieter für ein Summe versteigern kann, die der Zahl der Sekunden von mehr als 200 Jahren entspricht*.
Meinungsmache und Wahrheiten
Politisch gedeiht im Westen ein Klima der Polarisierung: mag die Welt digital zusammengewachsen sein, menschlich ist sie es noch lange nicht: Feindbilder werden geschaffen und dankbar angenommen. Es bröckeln als sicher geglaubte und eingestufte Bastionen: genannt sei hier das Recht auf informationelle- und gesundheitliche Selbstbestimmung, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, der Zugang zu Bildung und die Qualität derselben, die Freiheit der Meinung u.a.
Die Zensur kommt manchmal unverhohlen, manchmal durch die Hintertür, gerechtfertigt mit Angstszenarien: die Gefahr von Pandemien-Epidemien, Angriffen irgendwelcher Terroristen oder sogar ein mündiger Bürger, der Abstand zum Konsum von Waren und Informationen aus dem breiten Angebot nehmen könnte bzw. sich diesbezüglich selbstbestimmt alternativ versorgt, wird von unserer Regierung um ein vielfaches höher eingeschätzt als eine nüchterne Betrachtung einer solchen Bewertung im Ansatz hergeben würde. Datenoffenlegung als Teilnahmeberechtigung an der Welt, Datenschutz als kleinliche Alibi- Fassade, die in der Folge banales kriminalisiert und alternativer Presse und kleinen Unternehmen das Leben schwer macht. Paradoxe Aufforderungen in der digitalen Welt, mit der wir mittels eines fast organischen erlebten künstlichen Körperteils unsere “Lebensraum”-Empfindung erweitert haben: dem Smartphone. Ob es wirklich “smart”, also “klug” oder “clever” ist, ihm diese Gewichtung zukommen zu lassen, zeigt sich noch. Also: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Man könnte – nicht ohne Ironie – antworten: “Hier schon!”. Dabei geschieht mit dem diffusen Wissen der Benutzer aber unheimliches:
Der Bürger wird zum Daten- und Leistungsspender. Er reduziert sich auf eine Funktionalität im System, für dessen Erhalt er als „Prosument“ (Produzierender Konsument) zu sorgen hat. We are all „bricks in the wall“ (Pink Floyd), hängen dankbar und süchtig am “Newsfeed”. Der Ökonomismus ist dabei das Maß aller Dinge geworden, der einen sinn- und geistfreien Wettbewerb haltlos antreibt. Wir (er)leben ein System, in welchem Konkurrenz als evolutionsbedingter -also Natur- gewollter- Antrieb für einen einseitigen (weil ausschließlich technisch geprägten) “Fortschritt” als Entwicklung verstanden wird. Das ist primitiv; es reduziert und fixiert den Menschen auf einem Niveau, welches er eigentlich längst überwunden hat.
Die eingeschlichene Schuld
Unbemerkt wird dem Bürger nebenbei auch die Verantwortung für alle Belastung der Umwelt durch die “Megamaschine” des Systems aufgelastet: ihm wird wirkungsvoll ein schlechtes Gewissen eingepflanzt, denn letztlich will er ja die Welt mit allem Wegwerf-Luxus; jetzt soll er auch zahlen – in monetärer Form, versteht sich. Ein neuer Ablasshandel wird installiert: als wäre das auf Gewinn- und Absatzoptimierung ausgelegte System ein Entwurf und ein Erfindung des konsumgeilen Volkes! Lebensqualität und Lebensstandard werden immer weniger voneinander unterschieden und unterscheidbar. Der “Lifestyle” ist an die Stelle des Inhalts getreten. Bereitwillig wird das Innere nach Außen gekehrt; jeder ist zur öffentlichen Person geworden, medial inszeniert und bemüht, seine Banalität über die Banalität der Masse zu erheben. Die Intimität des Privaten ist zur Außenwirkung meiner Persönlichkeit geworden. Die geringe Halbwertzeit dessen erfordert eine ständige Aktualisierung, Zeiten der Isolation und des Alleinseins – also abgekoppelt seins vom social Media- sind schwer auszuhalten und werden gemieden (Terminus Technicus: “Fomo”- Frear of missing out).
Freiheit?
Dieses System schreibt dem Individuum auf subtiler, aber nicht weg zu subtrahierender Ebene nahezu alles vor: neben seinem Lebensrhythmus und seinem Konsum auch die Möglichkeiten seiner Chancen im Berufsleben („am Markt“), das Tempo, die zur Verfügung stehenden Güter nebst Abnahme- und Erneuerungspflicht (wie Haus- und Autobesitzer wissen), seine Abgaben, die Definition seines Grundbedarfs, seine Sicherheiten, die Bedingungen seiner Erwerbstätigkeit in Form von zu leistenden Pendelstrecken und Arbeitszeiten, den Lebenszeiteinsatz im Volumen, die Alternativen in ökologischen und politischen Fragen usw. und schließlich, was denn vom Leben überhaupt zu erwarten ist. Das betrifft auch alle Weltanschauungsfragen – Glaubensfragen also -, denn die neue Religion ist die der “objektiven” weil objektivierbaren, einen und sicheren „Wahrheit“, nämlich die des naturwissenschaftlichen und in den Medien proklamierte Commonsense, einer Wissenschaft, die das Außen erklärt, und mit denselben Mitteln das Innen, also Subjektivität, Geist und Bewusstsein erklären will. Ein davon abweichendes Verständnis wird in den Bereich des Unbeweisbaren und Privaten abgedrängt und gilt nicht als ernstzunehmendes Pondon zum Mainstream. Es ist eine Welt der Dinge, des toten Gegenständlichen. Unsere Bezogenheit zur Welt ist ein Bezogen sein auf Dinge geworden, deren Herstellung, Besitz, Nutzung und Entsorgung unser Dasein ernstlich zu gefährden drohen. Gleichzeitig tritt die geistige Substanz, die uns die Dinge eigentlich vermitteln sollen wie Glück, Erkenntnis, Integration, Zugänge zu mir selbst etc, immer weiter hinter die Dinge selbst zurück.
Revolution?
Echte Empörung fehlt in dieser Welt. Zwar mangelt es nicht an Zynismus, den wir gut verdaulich in abendlichen Comedy-shows serviert bekommen, doch der hat keinen handlungsweisenden Wert. Gleiches gilt für (das Recht auf) Demonstrationen, bei denen Energie der Empörung kanalisiert werden kann und meist folgenfrei verpufft. Wir leben in einer “Gesellschaft unbeschränkter Nichthaftung” (Erwin Chargaff). Es gibt kaum ernstzunehmenden Willen zum Wandel; vielleicht hofft jeder, so weitermachen zu können, wie bisher und baut dabei auf die schlauen Köpfe, die die “Energiewende”, die Lösung der Entsorgungsprobleme, die Mobilitätsfalle, das soziale Gefälle, die Einwanderung usw. schon geschmeidig einleiten werden. Zwar zeigt man gerne auf die Miss-stände der Welt mit dem Finger, vorzugsweise in social Networks und verknüpft dieses politische Engagement mit seinem “Profil”, doch existiert in den Köpfen der breiten Masse gar kein echter “Plan B”, keine Vorstellung alternativer Lebensmodelle jenseits des Status Quo, die radikal genug wäre, wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Für solche Utopien sind wir zu “aufgeklärt”!
Wir haben die Hoheit in unserem Leben abgegeben. Wir haben denjenigen Menschen, die diesem System Form verleihen erlaubt, für uns festzulegen, was Freiheit ist, was wir hoffen und glauben sollen, was fürchten, sogar was wir wollen sollen. Wir haben Autoritäten geschaffen und sie mit quasi-göttlichem Auftrag versehen. Intuitiv haben wir vielleicht schon lange bemerkt, dass wir uns selbst täuschten, uns einfach den Vater oder die Mutter geschaffen haben, die uns die Sicherheit geben soll, die zu geben wir selbst bzw. das Leben nicht imstande sind.
Die Mündigkeit, die wir glauben, zu besitzen, reicht nicht weit. Schaue dir deinen Versicherungsordner an oder das Bild und die Vorstellung, von der du glaubst, es ist der allmächtige Gott, schau dir an, wofür du am meisten brennst, was deinen größten Eifer beherrscht, was du im Netz postest, schau hin, wo du -wie alle Menschen- subtile Gewalt ausübst, manipulierst … die meisten von uns sind nicht mündiger als kleine Kinder. Hinter unseren Sicherheiten und Wünschen steht die Hoffnung auf eine Sicherheit, wie sie es noch nie in der Wirklichkeit des Lebens gab. Und allzu kleingeistig- eifersüchtig – menschlich sind unsere Hoffnungen auf (Er-) Lösung: nämlich von den von uns selbst geschaffenen Sorgen und Nöten. Gerne würden wir die Verantwortung für Ursache und Lösung abgeben! Das ist die Primitivität der heutigen Welt.
Der Mensch lebt als “Raubtier oder als Lasttier” (E.Fromm). Doch zuerst muss der Wahnsinn erkannt werden. Die Primitivität unserer Welt muss gesehen werden und es muss jedem von uns klar werden, dass es nichts nützt, die einzelnen Symptome zu bemängeln oder verändern zu wollen. “Die Probleme können nicht mit Mitteln gelöst werden, die sie verursacht haben” (A. Einstein). Die Primitivität, die noch vor 80 Jahren die Kritikfähigkeit des einzelnen Bürgers soweit hat untergraben können, dass der Nationalsozialismus in dumpfer Härte als Manifestation göttlicher Führung empfunden werden konnte, ist die gleiche Primitivität, die es heutigen “Führern” erlaubt, ungestraft mit ähnlichen Mitteln immer noch die Welt zu entzweien. Diese Primitivität wird durch uns alle ermöglicht, denn die sichtbare Spitze unserer Gesellschaften wie die Politik (-dar-steller) ist nicht mehr als ein Spiegel der gesellschaftlichen Majorität und existiert nicht nur aus dieser heraus, sondern mit deren ausdrücklichen Billigung.
Das System selbst ist die Neurose, weshalb es alleine nichts bringen wird, beispielsweise Energie “grüner” zu erzeugen, oder “verantwortungsvoller zu konsumieren”, wie es gerne propagiert wird. Wir müssen erkennen, dass wir geführt werden, und zwar von einem inzwischen selbständig laufenden Wahnsystem, welches Ausdruck unserer Unbewusstheit ist, die Quelle der Primitivität. Diesem System gelingt es, Menschlichkeit, Wärme, Nähe, Mitgefühl und Selbstlosigkeit unter einer Lawine von angstbesetzten Glaubensformeln, Szenarien, Halb- oder Falschinfomationen zu ersticken. Wir eschauffieren uns über Nebenschauplätze und Attrappen, wir sind beschäftigt mit Brot und Spielen, wir sind überinformiert mit Halbwissen, wir sind vernetzt und doch nicht in Kontakt miteinander, überfüttert und leicht sediert, leiden aber den Hunger einer unstillbaren Sehnsucht. Wir fühlen uns dabei frei und erkennen kaum den gläsernen Kasten, in dem wir sitzen, weil uns die Welt außerhalb unseres Gefängnisses als gefährlich erklärt wird.
Wir können heute die Welt besser erklären als je zuvor, verstanden haben wir sie nicht. Wir bewundern indigene “Natur”-Völker für ihre Fähigkeit, in ökologischer Harmonie mit der Welt zu leben, schaffen es aber in der westlichen Leitkultur nicht, ein gesundes Verhältnis zwischen nationaler und kultureller Identität herzustellen und zwischen beidem zu unterscheiden. Wir bauen Grenzen, leiden Mangel und suchen Schuldige. Wir verhalten uns der Umwelt gegenüber, als wäre sie nur tote Ressource, die man nach Belieben umformen und verwerten kann. Unser “Lebensstandart” wird sogar am Ressourcenverbrauch gemessen! Das alles ist Ergebnis einer kollektiven Neurose, die erkannt werden sollte. Es gibt keine Lösung innerhalb des Systems. Das Theaterspiel kann enden, umgeschrieben werden kann es nicht mehr. Die patriarchale Epoche, die vor sehr langer Zeit begann, hat ihren Höhepunkt erreicht und ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. Länger können wir sie uns nicht leisten, wollen wir als Menschheit überleben. Keine Revolution wird den gewünschten Erfolg bringen, weil sie sich der Mittel bedient, die das System selbst ermöglichen. Daher war nie eine Revolution von dauerhaftem Nutzen oder führte zu nachhaltiger, grundlegender Veränderung. Dennoch müssen wir anfangen: und zwar bei uns.
Das Verlassen der Matrix
Welche Fragen könnten dazu beitragen, die Veränderung zu initiieren? Was kann hilfreich sein, aus dem Theater auszutreten, zumindest kurz, und einen Blick von etwas außerhalb, einen “Meta-Blick”, zu erhaschen?
Eine könnte lauten: Welche Verantwortung bringt Bewusstsein auf der Stufe des im Menschen manifestierte mit sich?
Gibt es eine Lernaufgabe darin oder dahinter?
Bezogen auf unser Thema ließe sich das so beantworten: die Freiheit, die wir als Menschen im Planen, Denken und Handeln haben, eine Freiheit, die wir als Gegeben und echt erleben, darf sich nicht im Grenzenlosen und Ziellosen der ins Unendliche überzogenen Freiheit des Einzelnen verlieren. Möglichkeit ist (ebenso wie die der Möglichkeit zugrunde liegenden Freiheit) immer auch Verantwortung. Wofür? Für das WIR, das Kollektiv, das Wir dieser Welt. Das beschränkt sich keineswegs auf die Menschenwelt. Dazu muss ich die Fähigkeit und Stärke haben, hinter meine vermeintlichen Bedürfnisse (die – nebenbei bemerkt -oft künstlich geschaffen sind) zurück zu treten. SINN darf nicht ausschließlich durch die Verwirklichung individueller Möglichkeiten geschaffen werden, sondern umgekehrt muss der Einzelne seinen Sinn am Großen und aus dem Größeren beziehen. Andernfalls endet er irgendwann im seelischen Leerlauf (und braucht Mehr!) oder am Ende der verfügbar gemachten Ressourcen. Diesen Punkt scheint die Menschheit global bemessen erreicht zu haben.
Weitere Fragen könnten in diesem Zusammenhang lauten: Welches sind die Prinzipien des Lebens? Was hat uns hierhergebracht?
Ist Bewusstsein der Wegfall der „automatischen Anwendung“ der Lebensprinzipien (z.B. Wie beim tierischen Instinktverhalten)? Wenn ja, wie kann ich in dem angemessener Verantwortung und Freiheit leben?
Wie können diejenigen Kräfte, welche das kapitalistische System hervorgebracht haben, transformiert und förderlich für da große Ganze werden?
Statt diese Fragen dogmatisch oder eingrenzend – ideologisch zu beantworten, muss ich als Einzelner zurück zu mir. Ich muss daher die unschmeichelhafte Primitivität erkennen, welche nicht nur unsere moderne Welt, sondern auch mein eigenes Leben an so vielen Stellen durchzieht und die so unterschiedliche Gesichter hat: mein Bedürfnis nach Sicherheit, welches sich in Angst gründet und mich einschränkt, mich nicht atmen lässt, mich unterwürfig „Ja“ sagen lässt und in Wirklichkeit nur mein fehlenden Glauben und mein fehlendes Vertrauen in das Leben (gedacht als zugrunde liegendes Prinzip, nicht als meine Existenz für sich) sichtbar macht. Ich muss die Dominanz meines Ego- Ichs erkennen, welches ich für mein wahres ICH halte und das ständig die Bestätigung, Anerkennung und Bewunderung von außen braucht, das immer Recht haben will und so eitel ist. Ebenso die Vorstellung, eine bedeutsame Rolle als Individuum auf dieser Welt zu spielen und das durch Protz und Konkurrenzgehabe darzustellen, auch meinen ewiger Hunger nach mehr von Allem, die damit verbundene indirekte Vorstellung von einem Recht, den Planeten zu verbrauchen auf Kosten anderer oder der Ökosysteme; die Vorstellung, als Mensch die Repräsentation der Spitze einer Evolution bzw. die Krone der Schöpfung zu sein; in einem Wertesystem zu verharren, in welchem die Währung (das Geld und dessen Erwerb) zum alleinigen Maßstab aller Dinge und Prozesse macht und Reichtum auf der einen und grenzenlose Armut auf der anderen Seite erzeugt und dessen Wertschöpfung jede Rücksichtslosigkeit gegenüber dieser Welt rechtfertigt; und: Wohlstand als materiellen Zustand und Sicherheit für erreichbar zu halten (siehe auch den Artikel „über die Würde und das Vertrauen“, in welchem dieses Thema von mir vertieft angegangen wird).
Es scheint im Menschen eine Tendenz zu geben, das Gute anzustreben. Er sucht mehr als nur Leidvermeidung. Entgegen der Neo-Darwinistischen Annahme, Verdrängung und Stärke in Form von Angepasstheit seinen Über-lebensnotwendige Eigenschaften, sind es vielmehr Mitgefühl und Liebe, die das ganze menschliche Potential sichtbar und möglich machen und echte Entwicklung geschehen lassen. In seinem Micro- Kosmos meidet der Mensch das Hässliche, er strebt nach Harmonie und Schönheit, nach Frieden und Einklang mit seinen Mitmenschen: Familie, Freunde, Sippe, Verein, etc. Es scheint eine tiefe Sehnsucht im Menschen nach Harmonie und Wohlbefinden angelegt zu sein, welches er in seinem physischen und sozialen Umfeld verwirklichen möchte. Warum aber sieht das Gesamtergebnis dieser Bemühungen auf der Welt so gegenteilig aus? Warum so unästhetisch? Warum also erzeugt der Mensch als moralisches Wesen mit einer Tendenz zur Harmonie eine Welt des Hasses, des Krieges und der Umweltvernichtung? Die Antwort liegt in der Hauptsache im Ego- Ich: Weil er seine Fähigkeit, zu lieben, fast völlig “nach Innen” gerichtet hat. Liebe bedeutet Bezogensein im Sinne des Wachstums an Körper, Geist und Seele; er hat also die Quelle seines Bezogenseins in narzisstischer Weise auf sich selbst gerichtet. Er will nicht in der Welt sein, also Teil eines Größeren, er will die Welt selbst sein. Das Ego- Ich bläst sich im Größenwahn ins Unendliche auf und überrennt dabei alle Grenzen. Aus seiner Funktion als “Task Force” oder “Benutzeroberfläche des Selbst” wird Identität. Die Schauspieler haben vergessen, dass sie Schauspieler sind. Sie identifizieren sich mit ihrer Rolle. Sie nehmen das Spektakel ernst. Daher sind sie nicht mehr in der Lage, das Gute zu schaffen.
Die Fragen oben sollten wir als Einzelne bewusst und aktiv beantworten, sonst beantworten wir sie unbewusst und passiv kollektiv. Wenn ich sie mir stelle und wirklich beantworte, übernehme ich Verantwortung und gelange zu einer eigenen Handlungsmaxime und erhalte die Hoheit über mein Dasein. Das wird nicht ohne eine Umgestaltung meiner Wertewelt geschehen können. Wie könnte diese aussehen?
Wie oben skizziert, haben wir eine zweckhafte, ja selbstzweckhafte Ökonomie und Daseinsgestaltung auf dieser Welt geschaffen, deren Diener wir geworden sind und die letztlich lebensgefährlich für alle geworden ist. Zudem ist diese Ökonomie starr. Dadurch ist sie kaum mehr steuerbar und das System dient nicht mehr dem Menschen, sondern, wie oben dargestellt, umgekehrt dient der Mensch dem Fortbestand des Systems. Der Einzelne tritt hinter die Bedürfnisse des Ganzen zurück und seine Freiheit liegt nur innerhalb der systembedingten Grenzen. Damit ist wirkliche kreative Entwicklung und Freiheit sowohl auf kollektiver, als auch individueller Ebene dahin. Der Physiker Hans-Peter Dürr schreibt dazu: „Steuerung verlangt doch, dass wir Systeme geschickt durch Kraft und Gegenkraft in der Schwebe halten und ihnen dadurch das freie Spiel zwischen einer Vielzahl von Möglichkeiten gestatten“ (In: Was ist Zeit? Faktum TU München, Bd.6, S.201). Nur ein solch schwebendes System ist auf Dauer überlebensfähig und nur ein solches System ermöglicht dem Individuum die Hoheit über sein Leben. Nicht zu wissen, wie diese Alternative konkret aussehen soll, ist eingestandene Hilflosigkeit. Aber wo sonst soll Vertrauen beginnen? Wenn ich weiß, dass “Morgen” eine Wiederholung von “Heute” ist, kann ich Vertrauen weder entwickeln noch beweisen.
Natürlich darf ich nicht den Fehler machen, zu glauben, ich könnte als Einzelner nun das Heil in die Welt tragen. Andererseits darf ich nicht unterschätzen, was ich tun kann und soll, wenn diese Fragen mich berühren oder beunruhigen.
Ein Wandel im Bewusstsein der Menschheit findet zuerst im Geist des Einzelnen statt. Dieser Wandel geht allem voraus, denn damit nehme ich eine bestimmte Haltung gegenüber der Welt ein. Ich glaube auch, dass dieser Wandel ein radikaler sein muss. In den folgenden 10 Punkten versuche ich, alles zu fassen, was ich dazu für nötig halte. Dabei sollen diese Punkte kein Verbesserungsplan oder eine dogmatische Festlegung neuer Normen darstellen; solches gibt es in unterschiedlichsten Abstufungen und Qualität zu genüge. Die Aufzählung soll an die Wurzeln gehen und das Bewusstsein, die Haltung formulieren, welches hinter jeder Bemühung zur Veränderung stehen sollte, wenn diese in ihren Ergebnissen langfristig lebenstauglich sein will. Aus diesem Grunde bleiben sie allgemein und unkonkret; ihre Anwendung ergibt sich durch ihre Offenheit.
- Die Vorstellung, die Welt sei ein Zusammenspiel einzelner, voneinander unabhängiger Elemente, muss aufgegeben werden. Die Phänomene sind nicht voneinander getrennt. Erkennen wir das bzw. nehmen das als Gegebenheit an, sind wir kein Opfer der Umstände mehr. Wir sehen ein, dass wir selbst Ausdruck und Manifestation der Schöpfung sind, Teil des Prozesses „Erde“.
- Ein Bewusstsein für die All- Belebtheit der Welt muss Eingang in die Ethik der Menschen finden. Alles ist in unterschiedlichstem Maße und in unterschiedlichster Qualität bewusst und damit belebt. Das blindwütige Eingreifen in die Natur für rein ökonomische Zwecke im Interesse des Menschen ist ein Angriff auf das Leben.
- Eine vollständige Be-Ja-ung und damit eine Übernahme der Verantwortung für die eigene Existenz muss etabliert werden.
- Das Zulassen wirklicher Individualität. Jede Nivellierung und Standardisierung zerstört Geist und Umwelt.
- Jede Handlung, welche gewalttätigen Charakter hat, muss entfallen. Die Lösung liegt im Fluss der Dinge, nicht dagegen.
- Die Anerkennung einer höheren Führung- zunächst auf individueller Ebene, später auf planetarer Ebene- muss durchgängig werden.
- Das Bild des Menschen muss in seine natürliche Würde (zurück)gehoben werden: der Mensch ist eine Manifestation planetaren und letzten Endes des einen göttlichen Bewusstseins.
- Jedes Müssen „muss“ sterben . Es gibt Können, Dürfen, Sein.
- Alles ist Ausdruck desselben Bewusstseins, des gleichen geistigen Organismus. Dieser drückt sich beständig durch MICH aus. Das empfundene „Ich“ ist ein wahrnehmendes Oberflächenphänomen, welches keine Tiefe und keine dauerhafte Wirklichkeit besitzt.
- Dankbarkeit und Liebe (im Sinne eines positiven und förderlichen Bezogen seins auf die Welt) ist die einzige Grundhaltung, die mich weiterbringt und (über-) leben lässt.
Jeder echte Wandel kann nicht verordnet werden, kann nicht “erkämpft” werden. Er beginnt im Einzelnen, in der bewussten Selbstermächtigung, er findet dort den Nährboden für sein Wachstum, dann geschehen Erfahrungen und dann ist das Gewünschte nicht mehr utopisches Ziel, sondern eine zwingende Folge. Die Veränderung ist dann das Resultat eines neuen und gewachsenen Bewusstseins. Wenn Menschen zusammenleben, die aus der eigenen Erfahrung heraus und mit dem Einsatz ihrer ganzen Seele für ihre Überzeugung eintreten, die nicht vom Ego- Ich gespeist werden, sondern aus Motiven wie den oben aufgezählten, ist eine friedliche Welt für alles Lebendige nicht nur möglich, sondern sicher.
*Gemeint ist die 5G- Mobilfunk-Frequenz, die im August 2019 für 6,5 Mrd Euro von der Bundesnetzagentur versteigert wurde. Man kann fragen, woher eine Regierung das “Recht” auf eine elektromagnetische Frequenz hat und von woher letztlich das Geld dafür kommt und wohin es fließt, sowie die Frage, wie die Regierung sich in ihrer Funktion an derartigen Wirtschaftsmaßnahmen beteiligen kann und ob in Folge dessen noch davon ausgegangen werden kann, dass diese Regierung neutral und zuallererst das Wohl der Bürger zum Ziel hat, wenn man berücksichtigt, wie viele Bedenken die Volksgesundheit betreffend gegen die Einführung von 5G existieren.