Wenn es in der Liebe chronisch hakt: Bist du im Rollenspiel oder du Selbst?
Wie ist es möglich, dass uns der Mensch, der dich einmal so fasziniert hat, zum Stressfaktor Nummer eins in deinem Leben geworden ist?
Ich glaube, dass das größte Problem in unseren Paarbeziehungen darin liegt, dass wir dort nicht als vollständige Menschen hineingehen, sondern als Mangelwesen. Wir beginnen eine Beziehung in der Regel nicht mit dem Gefühl: „Ich bin so zufrieden und glücklich, dass es Zeit wird, das mit jemandem zu teilen!“.
Tatsächlich funktioniert es aber nur so. Eine wirkliche reife Liebe, die in die Tiefe geht und eine echte Erweiterung und Bereicherung des eigenen Lebens darstellt, kann nur dort beginnen.
Die Realität ist aber meist eine Andere: Wir fühlen uns einsam oder unvollständig, gelangweilt oder sehnsüchtig, wenn wir eine Beziehung beginnen. Dann brauchen wir einander. Im besten Falle werden wir mit unserem Partner ein „gutes Team“, im Schlimmsten enden wir in einer Co- Abhängigkeit.
Dann sind wir wieder am Anfang, unglücklich und unvollständig. Schlimmer noch, wir stecken in einer Partnerschaft, die uns fesselt, psychisch, wirtschaftlich oder sozial.
Das erscheint umso erstaunlicher, als dass heute das Thema kein Tabu mehr ist und eine Fülle von Rat- und Hilfsangeboten existiert.
Bedeutet das, dass du zwangsläufig mit dem „falschen“ Partner zusammen bist? Nicht unbedingt!
Du hast dir diesen Menschen ausgesucht, weil er entweder bestimmte Mängel in dir stillt ODER du ihn wirklich liebst. Beides zusammen ist allerdings höchst unwahrscheinlich – ich halte es für unmöglich.
Wenn ihr immer wieder über die selben Dinge streitet, wenn Einer den Anderen immer dominiert, der Andere sich das gefallen lässt, wenn Einer nicht treu sein kann, wenn eure Interessen im Laufe der Zeit fundamental auseinander gegangen sind und ihr kaum mehr gemeinsame Neue finden könnt, wenn die immer gleichen Kleinigkeiten euren Frieden ernsthaft auf die Probe stellen, wenn einer von Euch Veränderungen vermeiden will und dem mit stetiger Kontrolle begegnet – dann kannst du davon ausgehen, dass Eure Beziehung ein Deal ist.
In diesem Deal befindet man sich in einer Beziehung, in welcher der persönliche Nutzen über dem Wert der Liebe liegt. Das geschieht in der Regel unbewusst. Die Beziehung dient dann nicht dem gegenseitigen Wachstum, dem Abenteuer des Unbekannten.
Das war gar nicht dein Anspruch, als du die Beziehung begonnen hast?
Die meisten Menschen leben in dem unsichtbaren Gefängnis ihrer unbewussten Konditionierungen und Programme, die Freud das „Über-Ich“ nannte. Sie sind es, die bestimmen, welchen Wert wir was geben.
Dazu beginnen wir recht früh mit der Inszenierung unserer Dramen und Geschichten. Die Auslöser sind mannigfaltig und komplex. In unseren Dramen finden wir scheinbar Identität: „Ich bin eben so“. Ob ich andere dominiere oder alles herunterschlucke, ob ich fast militant für meine Überzeugungen einstehe, andere belehre oder gar nicht genau weiß, was ich will, ob ich überheblich bin oder unsicher, fleißig und arbeitsam oder bequem und unmotiviert, ob ich Ordnung und Sauberkeit als Zeichen der Tugend ansehe oder liberal in der Erziehung meiner Kinder bin, ob ich Autorität permanent anzweifle oder sie für angebracht und durchweg legitim halte – all das sind die Ergebnisse unserer Dramen, die wir als Glaubenssätze in unserer Kindheit entwickelt haben und die wir jetzt in unseren „Identitäten“ maskieren. Es ist unsere psychische Reaktion auf die Art, wie wir die Welt kennen gelernt haben.
Und natürlich ist intime Beziehung die erste Bühne dafür.
Es dürfte klar sein, dass das nur solange funktioniert, wie unser System bedient wird. In diesem System machen wir andere Menschen notwendig zum Objekt und bleiben selbst innerhalb der selbstgesteckten Grenzen.
Wenn nur einer in einer Liebesbeziehung beginnt, sein System Infrage zu stellen oder zu demontieren, wird es zu Reibungen kommen.
Leben ist auf Wachstum ausgerichtet. Der Mensch stellt sich erfahrungsgemäß gerne dagegen. Er liebt scheinbare Stabilität. Er will konsolidieren. Veränderungen scheinen diese Stabilität zu bedrohen. Deshalb geschehen Veränderungen meist erst unter großem Leid.
Leidest du in deiner Liebesbeziehung, dann will wahrscheinlich Veränderung geschehen; du willst wachsen.
So wie ein Auge sich selbst aber nicht sehen kann, sind wir in hohem Maße blind für unsere Muster und Prämissen unserer Dramen.
Ich biete dir im aktiven Dialog Hilfestellung, diese Muster zu identifizieren um ganz du selbst werden zu können. Wenn du nicht mehr im Kreis drehen möchtest und das Alte immer im neuen Gewand wiederholen willst, wirst du nicht umhin kommen, Schritte zu tun. Freiheit liegt hinter dem Horizont des Bekannten; die Reise muss jeder für sich selbst beginnen.