Tschüss Demokratie?
Der Vize-Chef der Polizei –Gewerkschaft in Deutschland Jörg Radek meinte am 30. Juli 2020, dass Corona- Tests auch mit Gewalt durchsetzbar sein sollen, um das „Recht durchzusetzen“ .
Recht durchsetzen? Welches Recht ist hier gemeint? Welches Recht steht über dem Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung? Über dem Recht auf körperliche Unversehrtheit?
Wie weit geht der Staat gerade mit seinem Recht, Recht zu definieren?
Mit Menschenwürde wird der unantastbare geistig-sittliche Wert eines jeden Menschen bezeichnet. Dieser umfasst auch den sozialen Achtungsanspruch des Menschen, der es verbietet, diesen zu einem bloßen Objekt des Staates zu machen, lesen wir zu Definition der Menschenwürde als Begriff in unserem Grundgesetz. Ab wann wird der Bürger „zum bloßen Objekt des Staates“ gemacht? Doch genau dann, wenn dieser Normen festlegt, die in ihrer Gewichtung über das Grundgesetz gestellt werden und sich der Bürger ungeachtet seiner Überzeugung zu fügen hat!
Dabei ist es nicht so, dass die Grundlagen dieser Normen einwandfrei erwiesen und unstrittig wären. Im Gegenteil: der Widerstand des Volkes ist sichtbar und begründet. Ungeachtet dessen wird eine Top- Down Gewalten- Durchsetzung betrieben, in welcher die Festlegung von „wahr und falsch“, die Hoheit über die Definition von „Gut und Böse“ eben in den Händen dieser einen Institution liegt. Oder nicht? Ich frage mich, wie es kommen konnte, dass es neben der „offiziellen“ Haltung –vertreten durch die sog. Mainstream- Medien- keine andere Wahrheit geben darf? Warum wird abweichende oder kritische Haltung derart attackiert? Ist es nicht genau diese Kritikfähigkeit, die die Grundlage unserer pluralistischen Grundordnung ausmacht, die verhindern soll, dass sich Intoleranz wie in der deutschen Geschichte erlebt, wiederholt? Warum also wird mit derartiger Intoleranz gegen Kritiker vorgegangen, wie es gerade der Fall ist? Warum Denunziationen, warum Etiketten und Begriffskeulen?
Was früher der kritische Bürger war, ist heute der Idiot (der „Idiot“ war früher der einfache Mensch, der uninformiert und ziemlich einflusslos sein einfaches Dasein fristete). Wer heute nicht glaubt, was er medial vermittelt bekommt und/ oder obendrein noch anderer Meinung bzw. unkooperativ mit verordneten und verallgemeinerten Maßnahmen ist, gilt als „unsolidarisch“, „Querdenker“ oder schlimmeres. Er behindert, was geschehen muss. Aber was muss geschehen? Kann es sein, dass ein Ziel außerhalb des Allgemeinwohls verfolgt wird? Ist das überhaupt denkbar?
Deutschland hat eine sog. Freiheitlich- demokratische Grundordnung, die sich folgendermaßen auszeichen soll: Die Staatsgewalt des Volkes als Souverän wird hierbei durch den Prozess des Wählens der Repräsentanten ausgeübt. Das Volk wird dann durch Organe der Legislative (Parlament und/oder Rat) und Exekutive (Regierung und Verwaltung) vertreten. (Quelle: Juraforum.de, Hervorhebungen von mir).
Ist es denn derzeit wirklich so, dass es nur eine störende Minderheit ist, die dem Willen des Souveräns- des Volkes- im Wege steht? Die ewigen Nörgler, Spinner und Verschwörer? Und selbst wenn es so wäre, wären Maßnahmen wie die oben vom Polizeipräsidenten angesprochene Praxis zu rechtfertigen? Kann die Verbindlichkeit des Grundgesetzes durch die Flächenbombe „Infektionsschutz“ ausgehebelt werden? Und braucht es die andauernde mediale Beteuerung und Rechtfertigung der Notwendigkeiten ergriffener Maßnahmen? Braucht es einen unsauberen Umgang mit Statistiken?
„In Art. 1 Abs. 2 GG bekennt sich das deutsche Volk zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten, damit ist gemeint, dass alle nachgelagerten Gesetze des Staates verpflichtet sind, diese Menschenrechte zu achten“ kann man im Lexikon zur Erklärung der Grundbegriffe des Rechts lesen. Findet nicht gerade eine Umkehrung dieser Formel statt?
Immanuel Kant stellte fest, dass „die gesetzgebende Gewalt nur dem vereinten Willen des Volkes zugutekommen kann, denn da von ihr alles Recht ausgehen soll, muss sie durch ihr Gesetz schlechterdings niemand Unrecht tun können“ (In: die drei Kritiken).
Ist es „der vereinte Wille des Volkes“, den wir in den Maßnahmen und in der gegenwärtigen politischen Praxis überhaupt finden? Identifizieren wir uns wirklich mit damit? Sehen wir es als „verantwortlich“, diese Maßnahmen zu unterstützen, als kritisch, unsere Kritik gegen Kritiker zu richten?
Verantwortung wird gerade schleichend mit uneingeschränktem Gehorsam gleichgesetzt. Als verantwortlich gilt, wer sich fügt, wer gehorsam ist, wer glaubt, der liegt richtig und der braucht nichts zu befürchten. Die Situation hat wirklich etwas Religiöses: man muss glauben, die Überzeugung der alleinigen Richtigkeit und Alternativlosigkeit der gegenwärtigen Wirklichkeit als „Fakten“ genügt so erst einmal nicht. Man muss glauben, dass es so ist, dass die „Rettung“ genau so kommt, wie von den politisch- wirtschaftlichen Propheten vorausgesagt. Man muss glauben, dass es eine (Er-)Lösung gibt- die Eine. Man trägt nicht ein Kruzifix am Hals, nein, das Symbol haben wir bekennend sichtbar im Gesicht. Es machen deutlich, dass ich glaube. Oder krank bin. Zumindest aber habe ich symbolisch „meine Stimme abgegeben“. Tue ich das nicht, droht mir Verfolgung. Da nützen keine Begründungen und Vernunftsargumente. Die Norm ist bereits festgelegt, eben durch diejenigen, die es sich erlauben, die Normen einer „neuen Realität“ festzulegen. Geht es hier um den „vereinten Willen des Volkes“?
Nur leben wir aber nicht in einer religiös-totalitären Gesellschaft, die festlegt, wie die einzig wahre Wahrheit auszusehen hat. Wir wollen dort auch nicht leben; wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Wir wissen, dass Unterdrückung und Intoleranz die Menschheit nicht eint oder weiterbringt. Wir haben gelernt, dass ein Kampf gegen etwas auch immer ein Kampf gegen das Leben ist und es Verlierer gibt. Im Kampf stärken wir das Bekämpfte, sei es ein Virus oder eine Ideologie. Es bahnt sich einen neuen Weg. Wir sollten gelernt haben, die Dinge, die auftauchen, zu integrieren. Sie sind Teil der Lebenswirklichkeit. Es braucht keine Feindbilder, denn alle und alles hat seine Existenzgründe.
Sicherheit ist nichts, was sich im Leben als dauerhafte Größe installieren ließe. Auch das sollten wir gelernt haben. Auch, dass das Streben danach nur Freiheiten kostet. Das Einzige „Opfer“, dass jeder bringen müsste, wäre echte Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Man braucht Informationen nicht mit einem eigens autorisierten „Faktencheck“ vorsortieren oder absegnen, noch braucht man ein ungesundes „social distance-ing“. Man braucht keine Auslegungshoheiten von Statistikwerten in den monopolisierten Händen weniger. Wir brauchen keine mediale Angstmache. Am Allerwenigsten brauchen wir eine „gesundheitliche“, wie auch immer geartete verordnete Behandlungspflicht.
Wir haben die Hoheit und die Souveränität über unser Leben leider schon abgegeben.
Es ist eine Ironie der Gegenwart, dass sich eine Epoche, die sich als Kulminationspunkt der Vernunft und Rationalität versteht, gerade in höchster Irrationalität festfährt. Immer mehr Aufwand („Energie“) ist nötig, um das, was nicht funktioniert, am Leben zu erhalten.
Nun brauchen wir eine Selbst-Ermächtigung, eine Befreiung vom religiösen Wahn der „einzigen Wahrheit“ und der damit verbundenen Gewalt. Das wird nur über wirkliche Verantwortung des Individuums möglich sein, nicht immer in demonstrativem Protest, sondern in einer klaren inneren Haltung, die einer echten politischen Überzeugung entspringt, wie sie in der Basis unseres Rechtssystems gedacht war und ein Solches wieder möglich machen kann.